Hennigsdorfer Fernwärme entsteht unter anderem durch den Einsatz von Holzhackschnitzeln. Die stammen zu 100 Prozent aus natürlich nachwachsendem Holz. Aber was ist das eigentlich, ein Holzhackschnitzel? Wann darf es sich so nennen? Welche Eigenschaften hat es? Und: Gibt es genug davon, um immer warme Stuben garantieren zu können? Wir haben uns erkundigt.

Rund 130 Jahre alt sind sie, die bis zu 30 Meter hohen Kiefern in dem Waldstück nahe Hennigsdorf, das gerade von der Müritzforst GmbH aus Waren bearbeitet wird. „Wir produzieren hier Holzhackschnitzel für das Biomasse-Heizkraftwerk der Stadtwerke Hennigsdorf“, erklärt Torsten Beck, Mitinhaber und Geschäftsführer der Müritzforst sowie langjähriger Stadtwerke-Rohstofflieferant. „Holz ist der nachwachsende Rohstoff, der uns hier vor Ort zur Verfügung steht. Den gilt es, verantwortungsvoll zu nutzen.“ Der Diplom-Forstingenieur (FH) zeigt, wie das praktisch funktioniert:

„Unser Arbeitsprinzip ist die Nachhaltigkeit. Sie setzt voraus, immer im Blick zu haben, was der Wald alles zu leisten hat. Nämlich eine ganze Menge: Er dient dem Naturschutz, hat eine Erholungsfunktion, ist Rückzugsort für Tiere und Pflanzen, wichtiger Sauerstoffproduzent und natürlich auch Holzlieferant.“ Das alles muss unter einen Hut gebracht werden. „Als Produzent von Holzhackschnitzeln sind wir das letzte (Nutzungs-)Glied in der Kette. Wir kommen erst dann zum Einsatz, wenn ein Baum erntefähig, sprich am Ende seines Bestandslebens angekommen beziehungsweise krank oder schon tot ist“, erklärt der 50-jährige Waldspezialist. Um das zu beurteilen, werde jede Waldfläche fachmännisch begutachtet, bevor überhaupt auch nur ein Baum fällt. Wichtig ist ihm: „Wir nutzen also nur so viele Bäume, wie auch wieder nachwachsen.“ Dazu werde Wald immer in mehreren Ebenen angebaut, sagt er und verweist dabei auf die neben den altehrwürdigen majestätischen Kiefern bereits gut sichtbaren nächsten Waldgenerationen.

Holznutzung mit Augenmaß
Ein gefällter Baum wird noch an Ort und Stelle im Wald in seine unterschiedlichen Nutzungssegmente eingeschnitten. Zum Beispiel zur Weiterverwertung als Sägeholz, Industrieholz, Papierholz und eben auch als Energieholz. Aus Sägeholz entstehen Bretter und Balken, etwa für die Möbelherstellung. Das sogenannte Industrieholz wird zerkleinert und dann wieder zu Spanplatten oder auch Zellstoff zusammengepresst. Der Rest – darunter Äste und Baumkronen – eignet sich nicht für die vorgenannten Anwendungen. Daraus entstehen die Holzhackschnitzel. „Wir verwenden also nur den Teil des Baumes, der von der Industrie nicht mehr zu höherwertigen Produkten verarbeitet werden kann“, betont Beck. Zudem verbleibe auch Restholz im Wald, um Totholz für die natürlichen Zersetzungsprozesse zu erhalten und Nährstoffe dem Boden zurückzugeben.

An der Stelle kommt jetzt Becks Kollege Marco von Wantoch zum Einsatz. Seine Aufgabe: das Energieholz von der Waldfläche zu räumen und am Wegesrand für den nächsten Arbeitsschritt, das Hacken, vorzubereiten. Vorsichtig arbeitet sich der Forstwirt mit seinem Traktor samt Kranrückeanhänger Meter für Meter durchs Unterholz. Ohne unnötig Waldboden zu schädigen, nimmt er mit dem wendigen, bis zu zehn Meter ausfahrbaren Greifarm Restholz auf. „Das Einsammeln ist auch deshalb wichtig, damit auf der Waldfläche weitergearbeitet, sprich die Verjüngung eingeleitet werden kann“, erklärt Beck. Das heute einzusammelnde Energieholz haben die Männer vorher schon vor Ort trocknen lassen. „Damit möglichst viele Nadeln abfallen und im Wald verbleiben, denn sie enthalten wichtige Nährstoffe, die hier gebraucht werden“, so Beck.

Geschnitzeltes
Zerkleinert und „aufs Maß gebracht“ wird das eingesammelte Energieholz – heute neben Kiefer auch Eiche, die aus Nordamerika stammende Robinie sowie die spätblühende Traubenkirsche – direkt am Wegesrand. Das erledigt ein Großhacker, routiniert und in Windeseile. Kaum ist das Geäst vorn in dessen Schlund verschwunden, schleudert der es auch schon hinten als Holzhackschnitzel auf die Ladefläche eines der bereitstehenden LKWs. Der ist – je nach Fassungsraum – in 30 bis 60 Minuten voll beladen und macht sich direkt auf den Weg ins Hennigsdorfer Biomasse-Heizkraftwerk.

Rund 100 Schüttraummeter (SRM) holt von Wantoch pro Tag aus dem Wald. Das entspricht einer bis 1,5 LKW-Ladungen. „Für eine LKW-Ladung bin ich also den ganzen Tag gut beschäftigt. Und zwar bei Wind und Wetter“, sagt er schmunzelnd. Der Großhacker komme erst dann zum Einsatz, wenn er ordentlich „Futter“ vorfinde, von Wantoch also entsprechende Mengen Energieholz zusammengetragen habe.

Harte Schale – heißer Kern
Im Kraftwerk angekommen muss das Geschnitzelte erst mal auf die Waage und zur Qualitätskontrolle. „Wir verbrennen hier ausschließlich naturbelassene Holzhackschnitzel. So, wie es das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vorschreibt“, erklärt Torsten Z., Mitarbeiter im Bereich Erzeugungsmanagement Wärme bei den Stadtwerken. Das Ausgangsmaterial könne aus dem Wald, aber auch aus der Landschaftspflege kommen – zum Beispiel Straßenbegleitgrün oder Grün aus der Parkanlagenpflege. Das ideale Holzhackschnitzel beschreibt Torsten Z. so „Möglichst große Körnung, circa fünf Zentimeter lang und gern ähnlich breit, mit wenig Feinanteil.“ Den besten Heizwert je Schüttraummeter habe Hartholz, zum Beispiel Buche und Eiche. Auch der je nach Baumart unterschiedliche Wassergehalt beeinflusse den Heizwert der Hackschnitzel.

Nachwachsend und CO2-neutral
So, die Kollegen des Biomasse-Heizkraftwerkes haben inzwischen grünes Licht gegeben, der gerade eingefahrene LKW darf entladen. Ab jetzt übernehmen Jonathan E. und seine Kollegen. Der Mechatroniker, der für den Kraftwerksbetrieb verantwortlich ist, zeigt, wo die zuvor gelagerten Holzhackschnitzel über Fördereinrichtungen ihren Weg direkt ins Kraftwerk antreten. Dort verbrennen sie bei 950 Grad Celsius. Die dabei entstehende Wärme wird sowohl zur Erwärmung des Wassers für die Fernwärmeversorgung als auch zum Betreiben eines Generators für die Stromproduktion genutzt.

Seine volle Power entfaltet das ganzjährig arbeitende Kraftwerk in der kalten Jahreszeit. „Im Winter verbrennen wir hier täglich die Ladung von rund sechs LKWs“, erklärt Torsten Z.. Damit kommen rund 40 Prozent der gesamten Jahresfernwärmemenge für Hennigsdorf aus dem BiomasseHeizkraftwerk. Aber steht in unseren Wäldern eigentlich immer ausreichend regeneratives Restholz für die Wärmeproduktion zur Verfügung? „Ja“, bekräftigt Beck. „In unseren Wäldern ist ausreichend Energieholz vorhanden.“ Auch dank der nachhaltigen Bewirtschaftung. „Ja“, bestätigt auch Torsten Z.: „Wir haben langfristige Verträge mit mehreren Lieferanten, die uns die benötigten Mengen Holzhackschnitzel übers ganze Jahr garantieren.“